Handschmeichler
Den schon fast schmerzenden Hunger unserer Leiber gestillt, verlieren wir uns in Betrachtung unserer Seelen, reiben uns in ungeschliffenen Gedanken, ausgeliefert unser Leidenschaft. Morgengrauen.
Morgengrauen Leiden schafft.
Zum Abschied legst du mir diesen Stein in die Hand -
glatt, von ebenmäßiger Schönheit,
keine scharfen Kanten ...
nur ein paar Furchen und kleine Löcher,
in Jahrmillionen vom Meer geschliffen.
Wunderbar liegt er in der Hand, ein Handschmeichler.
Wunderbar.
Ich komme zurück, wenn ich so bin wie dieser Stein.
Dann werde ich deiner Seele schmeicheln, sagst du - küsst mich flüchtig,
wendest dich lachend ab und gehst.
Ich weiß nicht, wie lange ich dir noch hinter hersah,
längst nicht mehr mit bloßem Auge auszumachen.
Die Morgensonne steht tief, blendet mich.
Mich fröstelt. Die Mailuft ist kühl,
von Wehmut und trauriger Gewissheit durchdrungen.
Gedankenversunken bemerke ich erste Geschäftigkeit am Strand,
freundlich begrüßen Wasserratten und Bernsteinsucher den jungen Tag und mich.
Langsam erwacht auch das
Meer. Gleichmäßig und träge rollen kleine Wellen an Land,
um sich an meinen Füßen zu brechen, die mich ziellos in den Tag tragen.
Ob ich dich dann noch will?
Ob ich dich so noch will?
Fester schließt sich meine Hand um den Stein, der deine Wärme trägt - immer fester, je weiter du dich entfernst.
Deine Wärme will ich nicht missen.
© by luna in flagranti
mitlichem dank an luna in flagranti
die mir nicht nur gestattet hat,
es hier zu veröffentlichen,
sondern auch, es zu sprechen