lass küssen dich von einer wienerin
lass dich küssen von einer wienerin
komm nimm meine hand und ich
zeige dir die mutter meiner liebe
diese stadt
aus deren boden meine liebe sprießt
um sie mit dem weichem klang
meiner sprache und dem warmen timbre
meiner worte über dich zu gießen
winterbesuch in wien
I. frühstück im bett. gehüllt
in weiße wintersonne, die
schneebedeckte baumwipfel
des wienerwaldes und bizarre
eisblumenmuster auf die decke
unserer frühstücksliebe zeichnet.
II. zieh dich warm an! wir machen
einen rundgang durch die stadt.
lach doch nicht so. bei dieser kälte
muss ich einfach einen hut tragen.
ach, wie liebe ich deine lachtränen.
glücksdiamanten sind sie
mit denen du mich schmückst.
III. hast du kleingeld bei dir?
ich möchte im stephansdom eine
kerze anzünden. als dank.
für dieses jahr der liebe das
sich bald dem nächsten zuwendet.
hörst du? die krönungsmesse.
wie bestellt um meinen prinzen
zum könig der liebe zu krönen.
einen kleinen segen lass uns noch
erbitten und dann hinaus. hand in hand
über den graben gelaufen, wie kinder.
IV. schau der demel. nein, nicht hier
kaffee, nein. komm ins griensteidl.
dort sinken wir in plüsch und lächeln
in geschliffene spiegel, in der kleinen nische in der unsere knie aneinander beben.
V. dann flanieren wir arm in arm über
die ringstraße zum rathausplatz. an der
gourmetmeile neben dem buntgetanzten
eistraum treffen wir unsere freunde
helena und fred zu einem gläschen
glühwein, einem stanitzel voll maroni
und einem singsang aus gewienertem.
VI. nun müssen wir uns beeilen, du
willst dass ich mein schwarzes kleid
anziehe, wenn wir in die oper gehen.
ja, die liebe hat bunte flügel, glühen
deine augen durch die dunkelheit in
meine. carmen stirbt, doch ihre musik
weckt unsere leidenschaft. wie gut,
dass wir allein in unserer loge sind.
VII. küss die hand, frau lylo, sagt
herr hans, als wir unseren ecktisch
in der roten bar im sacher einnehmen.
du ziehst sie an die lippen und er
lächelt wissend. der tafelspitz
schmeckt wie verheißung. der apfelkren
wie deine küsse. süß und scharf.
VIII. eine flasche sekt neben unserem
bett und ein diskreter mond, der
bläuliche schatten von schneebedeckten
baumwipfeln des wienerwaldes und
bizarre eisblumenmuster auf die decke
unserer nachtliebe zeichnet.
© by lylo